To84: Leo Tolstoj. Mein Glaube

  • Leo Tolstoj
  • 1884
  • Mein Glaube
  • Eugen Diederichdii inJena 1917
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In allen christlichen Gefilden wird das Evangelium falsch ve standen. Aus dem Satz ....widerstrebet nicht dem Uebel wird überall genau das Gegenteil gemacht mit sehr viel Theologie bewiesen, die jedem Kinde von klein auf so lange einge trichtert wird, dass es die Bibel nicht mehr unvoreingnommen lesen kann. Es brauchte sehr lange Bis Tolstoj

das merkte. Es gibte klare Uebersetzungfehler, um stellen zu vertuschen, die sich gegen die wel tliche Staatsherrschaft aussprechen. Das sieht man bei Kriegen, Gerichten, Selbstverteidigi ng usw. usf.

Die Stelle : ich bin nicht gekommen dasGesetz oder die Propheten aufzuheben sondern... Hier spricht Jesus ganz eindeutig vom ewigen Gesetz Gottes, wenn er vom geschriebenen Menschengesetz sprach ver wende te er den Ausdruck Gesetz und die Propheten.Jesu Lehre steht im Im Widerspruch zum Gesetz Moses, nicht aber zum Gesetz Gottes. Wenn er sagt: alles nun, was ihr wollet, dasseuch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen, das ist das Gesetz und die Propheten". spricht er vom geschriebenen Gesetz und setzt es damit ausser Araft. Wenn ein Pro phet in ein Volk kommt und eine neue Lebensweise einführen will, muss sich gegendie alte wenden. Wenn Jesus sich für das Gesetz Gottes ein - setzte, muss er sich gegen das mosaische Gesetz, das auch als Gottes Gesetz a gesehen wurde, wenden. Widerspruch zwischen Gesetz nicht auf heben und ich aber sage euch, wird nur erklärlich mit zwei verschiedenen Gesetzen.

.... 12. apitel Zusammenfassung des Glaubens Tolstojs: Glückseligkeit nur möglich, wenn alle Menschen die Lehre Christie erfüllen werden, der Erfüllung möglich, leicht und freudebringend ist. Auch wenn ich der einzige bin,

der nach dieser Lehre handelt, kann ich af keine andere Weise etwas zur Erretung meines Lebens nach dem Untergange tunChristi Lehre is Glückseligkeit und Wahrheit Gl ückseligkeit ist die Einheit mit allen Menschen und das Böse ist die Störung der Einheit des Menschen-Sohnes. 2 Gebote Chris ti um: Feindschaft mit den Menschen, Zorn gegen sie, sie nicht als Menschen, ondern als Narren oder sinnlose zu betrachten. (als nicht-menschen). Lust nur auf meine Frau. Ich weiss jetzt, dass jedes Verlassen des Mannesoder des Weibes, mit dem man sich zum " ersten Male verhunden hat, eben jene Ehescheidung ist, welche Chris tus den Menschen verbitet, den die vom ersten verlassenen bringen Ver derbtheit in die Welt., ein Schwur. 4. dem Uebel durch Gewalt zu wider stehen. Die Versuchung kommt aus dem Irrtum, dass mein leben durch die Verteidigung meiner selbst und meines Eigentums gegen andere Men chen gesichert werden könne, Viel böses, weil gew. Menschen statt zu arbeiten die Arbeit anderer sich mit Gewalt aneignen. Wenn ich jetzt auch in einem Augenglick der Selbstvergessenheit mich zur Gewalt hinreissen lassen kann, so koann ich doch nicht ruhig und mit Bewusstsein jener Versuchung dienen, die mich und die Menschen zu Grunde richtet, ich kann kein Eigentum erwerben, kann gegen niemand Gewalt brauchen, ich kann mich an keinerlei Tätigkeit der Obrigkeit beteiligen, die den Schutz

der Menschen und ihres Eigentums mittels Gewalt zum Ziele hat, ich kann weder Richter noch Gerichte beteiliger, noch Vorgesetzer, noch Mitglied irgend einer Obrigkeit sein, kann nicht daran mitwirken, dass andere sich am Gericht oder ander Obrigkeit beteiligen. 5. Unterschied zwischen dem eigenen und fremden Völkern Feindesliebe sprachlich richtig über setzt). Imhmhamn -ch kann keine staaten oderVölker anerkennen. gäbe es eine Gemeinschaft von Christen, die keinem Böses zufügte und allen Ueberfluss ihrer Arbeit anderen Menschen gäbe, so würde kein Feind, solche Menschen töten oder quälen, sie würden das für sich nehmen, was ihnen jene Leute ohnehin geben würden. Wennmenschen annehmen, ihr Leben sei dazu da, anderen zu dienen, so wird kein Mensch so tö richt sein, Menschen die ihm dienen Ihres Unterhalts zu berauben, oder sie zu töten. ... man liebte ihn, bloss deshalb, weil er nicht

fürchtete, nichts von ihnen verlangte und ihnen Gutes tat. Der Christ besitzt bloss darum die Wahrheit, um sie anderen und namentlich den nächsten, mit ihm durch Familien- oder Freundschaftsbande verknüpften Manschen kund zu tun, und das kann er nur, indem er nicht in jenen Irrtum verfällt, dem die andern verfallen sind und sich weder auf die Seite der Angreifer noch der Verteidiger stellt, sondern alles den anderen fortgibt und somit durch seinLeben beweist, dass er nicht fürchtet und wünscht, als das Gesetz Gottes. Aber die Regierung, wird nicht zulassen, dass jemand sich den Bürgerpflichten entzieht. Knast oder Todesstrafe, allles gibt ihm die Möglichkeit, nicht in Worten, sondern in Taten die Wahrheit zu bezeugen. Wahrheit mitteil nur möglich durch die Enthaltung der Verirrung, Bösessmit Bösem zu ver

gelten. Das it die ganze Bedeutung seines Lebens, die selbst durch den Tod nicht vernichtet werden kann. Die durch Betrug miteinander verbun denen Menschen bilden gleichsam ein zusammenhängende Masse, eben der Zusammenhängigkeit ist das Böse der Welt. Revolutionen sind versuche einer gewaltsamen Auseinandertreibung dieser Masse, in ihrer Bemühung, sie zu zerschlagen, schmieden sie sie nur noch fester zusammen. Der Zusam menhang kann nur aufgelöst werden, wenn sich die innere Kraft den klein sten Teilchen Mitteilt und sie zwingt, sich von ihr loszutrennen. Die Wahrheit teilt sich nur durch Tatender Wahrheit mit. Ob es jetzt wenige oder viele solcher Menschen gibt, dies istdie Kirche, die durch nichs besiegt werden kann und der alle Menschen sich anschliessen

Was fürher gut für mich war ist jetzt schlecht: Ehre, Ruhm, Bildung, Reichtum, die veelgestal tige Verfeinerung des Lebens, der Umgebung, der Nahrung, der Kleidung, der äusseren Formen, leidenschaftliche poetische Liebe. Was mir früher schlecht erschien, ist jetzt erstre benswert: das Bäuerliche, Unwissenheit, Armut, Roheit, die Einfachheit der Umgebung, der Nahrung, der Kleidung und Umgangsformen, einn arbeitsar mes, dirftiges, einfaches, die Begierden mässigendes Leben, der unauf lösliche Bund zwischen Mann und Frau. .... Ich weiss, dass die Versu chung darin besteht, dass der Betrug durch den Namen Gottes gehiligt wird. derBetrug, dass die Heute im voraus verwprechen, sich dem zu unterwerfen, was ein Mensch oder viele Menschen befehlen, während der Mensch sich niemandem unterwerfendarf als Gott (Schwur).

.... Nicht genug jedoch, dass ich glai be, s leben zu müssen: ich glaube, dass, wenn ich so und nur so leben werde, mein Leben den für micheinzig möglichen, vernünftigen, erfreulichen durch den Tod nicht zu vernichtenden Sinn erhalten wärd.

(Moskau , 22. Jan. 1884)