- Niklaus Flüeler
- Richard Schwertfeger
- 1971
- Die Schweiz von morgen
- Gespräche über die Zukunft der Schweiz
- LitN:FS71.pdf
Niklaus Flüeler / Richard Schwertfeger
Seite 159,7. Alles spricht von Landesplanung - wer plant unsere
Städte? Das reizvolle an den Städten sind die starkvermischten Quartiere, die Entwicklung geht aber gerade gegen diese, die Stadtbewohner werden in die Agglomeration verdrängt, werden dadurch zu Arbeitspendlern und zer stören dadurch die Stadt noch mehr. Durch die Attraktivität der Innen stadt werden die Bodenpreise schliesslich so hoch, dass nur noch Banken '1. Klasshotels und Juweliere einen Standort dort leisten können, dadurch verarmt die Stadt. Die vertriebenen Kleingeschäfte nisten sich in den benachbarten Wohnquartieren ein, dadurch werden die Zufahrtsstrassen überlastet, "Baulinien zu ihrer Verbreiterung werden gesetzt, dadurch werden die Häuser nicht mehr intensiv unterhalten, die ehemaligen Wohn quartiere verslumen, wenn die Strassen dann verbreitert werden und die Häuser dadurch abgerisssen, kommen nachher sowieso keine Mieter mehr hinein, wenn sie nicht schon vorher aus der Dreckbude ausgezogen sind. Je mehr Arbeitsplätze es in der Stadt hat, umso mehr Verkehr, um die Kinder zu schützen ziehen die Einwohner aufs Land. Da die Strassen im mer ungenügender werden, verlagert sich der Verkehr auch immer mehr
in den fr hen Morgen und die Nacht.
Die vernachlässigung der öffentlichangVerkehrsmittel, die Ideolo gie des Wohnens im Grünen und der Gartenstädte bewirken eine Zersie delung der Landschaft, dadurch wird das Automobil immer unerträglicher. Dazu kommt noch das Image des Autofahrers (akti Iðstsicher, stark) gegen das des Benutzers der öffentlichen Verkehrsmitteln (Sparsam, vorsichtig, ängstlich, schwach).
DIAGRATE SEITE 168 Was weiter sehr ins Gewicht fällt ist nicht so sehr die Bevölkerungs
abnahme in den Innenstädten, sondern dass sie entmischt wird, dass gerade die Bevölkerung im mittleren Alter mit Familien Verschwindet, die sich noch am meisten für die sich noch am ehesten für ihre Wohn stätten engagiert, die lungern jetzt in der Agglomeration herun, füh len sich nicht recht wohl und engagieren sich nicht, da sie auf eine Rückkehr in die Stadt hoffen. Nicht nur die Generationen werden ge trennt, sondern vor allem die Landbevölkerung verliert gänzlich die Tuchfühlung mit den Problemen der Jugend. Die Langweile der Stadt und der Agglomeration, die Lieblosigkeit und abenteuerlosigkeit kann auch mindestens zum Teil für die Unruhen verantwortlich gemacht werden. Gewalttätige Demonstrationen verstärken die Kondlikte nur noch durch Hass.
Wohnungen werden nach den Bodenpreisen gebaut, in Stadtnähe fast nur noch Binzimmerwohnungen weiter in den Agglomerationen draussen Fa milienwohnungen, für nicht so finanzkräftige Leute soll der Staat Heime bauen. Es werden Landschaften geschaffen, die keine geistigen Anregungen für die Kinder darstellen, dazu übertragen die Eltern ihr missbehagen über die Massensiedlung auf die Kinder, und geben ihnen dadurch kein Heimatsgefühl. Man beginnt immer eindimensionaler zu den ken un d zu handeln, der einzige Wunsch wird der nach Ruhe und Ordnung.
Nur bessere Verkehrsmittel zu erschliessen, hätte den Erfolg, das Spekulanten und finanzkräftige Firmen die betroffenen Gebiete aufkau fen würden und dadurch einfach die City vergrössert wirde, dass die U-bahn ein Cityinternes Verkehrsmittel würde. Die Bewohner der innersten Agglomera tionen würden vertrieben. Aber hätte dann die Stadt überhaupt noch Attraktivitat, schon heute folgen kleinere Banken und Unterneh men den bewohnern.
Die Fläche die der Autoverkehr benötigt, ist immense. Dazu kommen die Schäden durch Unfalle, Abbase, Herzverfettung und der Autofried höfe. Dazu wird es auch benützt, um am Wochenende ins Grüne zu fahren, man wird dadurch noch nervöser, der Bewegungsdrang wird noch mehr fru
striert (nach einem Autosonntag sind Kinder erst am Dienstag wieder aufnahmefähig). Dazu wird durch das Autofahren und den Autotourismus die Erholungsgebiete geschädigt. und die Landwirtschaft wird z. T. zur Sau gemacht. Die Attraktivität der Städte ist da, es gilt nicht diese zu verlleinern um den Zuzug zu stoppen, sondern die Städte auf ihre Aufgabe vorzubereiten.
Hinter der heutigen Planlosigkeit könnte die Absicht stecken, die Bevölkerung in die Agglomerationen abzutreiben sie dadurch zum Kons sum zu zwingen einerseits, anderseits zu treiben. Natürlich ist nicht nur die Wirtschaft schuld, sie gehorcht der Nachfrage, vor allem in den Dienstleistungsbetrieben. Man ist ständig frustriert, weil man durch jeden Konsum auf soviele andere Güter verzichten muss. Mit der Zeit beginnt sich aber die Notwendigkeit einer Neuorientierung ab zuzeichnen, einerseits durch die Umwelt, anderseits durch die Infla tion, beides deutet darauf hin, dass sich das kapitalistische System selbst zerstört. Ersatzhandlungen, wie Süchte, übermässige aber fal sche Ernährung, Agressivität im Strassenverkehr und Wirtschaftskrimi nalitätmachen sich breit.
- Es müssten sehr subtile Methoden angewandt werden, um eine Stadt verbesserungsaktion nicht in eine Profiterhöhungsaktion ausarten zu lassen.
ver ltete Bauordnungen, zielgerichtete uiterste Subventionen, Bodenbesitz=Freiheit, Wohnungen vergrössern Wohnungsüberangebot, so dass die klein--Familie aus ihrer Isolation befreit würde, kollekti ve Erziehung würde sowohl die Einzelne Mutter entlasten, oder ihr er möglichen eine Stelle anzunehmen, dazu könnten sich die Kinder die besten Mütter aussuchen, grössere Wohnungen, bei denen bei Bedarf Räume dazu gemietet oder vermietet werden können.